Der Asiatische Uhrenmarkt

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Stefan Sebök, zuletzt aktualisiert am 07.11.2019

Meist kennen sich echte Watch-Fans auf dem amerikanischen und europäischen Markt gut aus. Doch was ist mit Asien? Wer glaubt, dass man es hier nur mit billigen Fälschungen und unbekannten einheimischen Produktionsstätten zu tun hat, der irrt. Die Asiaten sind wahrlich uhrenverrückt und haben eine Menge zu bieten. Egal ob Amerika, Europa oder Asien: Laut einer Auswertung von 2018 hat sich Rolex auf allen Märkten den Thron gesichert, wenn es um die meistgesuchte Uhrenmarke geht. Dahinter reihen sich ebenfalls altbekannte Gesichter ein – Patek Philippe und Omega kassieren Silber und Bronze. Damit wird klar, dass asiatische Uhrenfans sich nicht (nur) auf irgendwelche einheimischen Produktionen stürzen, sondern global anerkanntes Handwerk vom Feinsten durchaus zu schätzen wissen. Auch Panerai, IWC Schaffhausen, TAG Heuer, Cartier, Audemars Piguet, Hublot und Breitling haben es bereits geschafft auf dem asiatischen Markt großes Interesse für ihre Produkte zu wecken. Und das sollten renommierte Hersteller unbedingt hinbekommen – schließlich ist Asien mittlerweile für seine lebhaften und begeisterten Watch-Fans bekannt.

Hong Kong Watch & Clock Fair

Die Hong Kong Watch & Clock Fair ist quasi das asiatische Pendant zur Baselworld: Eine jährlich stattfindende Uhrenmesse, auf der alle Neuheiten, Trends und weitere Höhepunkte der Uhrenwelt präsentiert werden. Sie findet in Hong Kong statt und wird vom Hong Kong Trade Development Council, der Hong Kong Watch Manufacturers Association Ltd. und der Federation of Hong Kong Watch Trades and Industries Ltd. organisiert. Das Hong Kong Conversation and Exhibition Centre, in dem die Messe veranstaltet wird, liegt in dem Gewerbegebiet „Wan Chai“. Von den riesigen Hallen auf mehreren Etagen des rund 29.000 qm großen Geländes hat man Blick auf den Victoria Harbour. Dieses Jahr gab es 9.000 Aussteller zu bestaunen. Damit ist die Hong Kong Watch & Clock Fair ist die größte Uhrenveranstaltung, auch wenn die Baselworld und SIHH, die in der Schweiz stattfinden, nach wie vor am bedeutendsten für die Hersteller sind. Hier wird neben den globalen Highlights auch präsentiert, was das „Innere“ so zu bieten hat. Die lokale Uhrenindustrie in Asien entwickelt sich seit ein paar Jahren so rasch wie nirgendwo sonst. Einzigartige einheimische Produktionen gewinnen immer weiter an Beliebtheit. Die neuen asiatischen Marken sind meist jung, kreativ und bringen innovative und moderne Neuschöpfungen heraus. Es gibt jedoch auch durchaus Fabriken, die bereits seit den 50er Jahren existieren und eine beachtliche Geschichte zu erzählen haben.

Alles Fake?

Kaum geht es um asiatische Ware, lässt ein Klischee meist nicht lange auf sich warten: Diebstahl und Fälschung. Seit vielen Jahren gibt es nun schon den Stereotyp des „diebischen“ Asiens. Bedenken bezüglich der Qualitätskontrolle kann einem auf Grund diverser Geschichten wohl niemand übelnehmen, doch das ist bereits seit Langem nicht mehr das, was Asien wirklich ausmacht. Zahlreiche Uhrenhersteller aus der Schweiz und anderen Teilen der Welt arbeiten eng mit asiatischen Lieferanten und Partnern zusammen. Hierzulande namhafte Marken nutzen eine derartige Kooperation für diverse Teile und Arbeiten aller Art. Und das vollkommen legal, denn um das „Swiss Made“-Label auf eine Uhr setzen zu dürfen, müssen lediglich 60 Prozent des Produktwertes aus der Schweiz stammen. Dies sind in den meisten Fällen vor allem Kosten für Design, Montage etc., während eine beachtliche Menge der Uhrenteile aus Asien bezogen werden. Führt man sich dies einmal vor Augen, wird klar, dass Asien also nicht nur „Schrott“ hervorbringen kann, sondern durchaus imstande ist großartige Zeitmesser zu bauen. Neben dem hochwertigen „Support“ der europäischen Favoriten gibt es aber auch chinesische Topmarken, die sich durchaus sehen lassen können. China hat beispielsweise einige großartige Smartwatches auf dem Markt. Darunter ist vor allem Lemfo hervorzuheben, eine Marke, die günstige und leistungsstarke Alternativen zur gehypten (und kostenintensiven) Apple Watch anbietet. Neugierig? Das Modell „Lemfo Lem1“ gehört mit einem Preis zwischen umgerechnet 70 und 80 Euro in Asien sogar zu den etwas teureren Smartwatches, doch für unseren Geschmack handelt es sich hierbei um ein echtes Schnäppchen. Die chinesische Variante der Apple Watch überzeugt mit allen sinnvollen Funktionen und einem ansprechenden Look. Die Unisex-Uhr wird aus Edelstahl produziert und kommt mit einem braunen oder schwarzen Lederarmband. Zudem kann aus den Farbvarianten Silber, Gold und Schwarz gewählt werden.

China gewinnt international an Bedeutung

Zwar belegt Apple bei den Smartwatches tatsächlich weltweit Platz 1 und auch Asien selbst steht vor allem auf die LTE-Fassung der Uhr, doch bereits auf Platz 2 folgt hier ein asiatisches Unternehmen: Xiaomi aus China bietet neben smarten Schuhen, Kinderuhren und Fitnessarmbändern auch günstige Smartwatches. Speziell Hongkong und China werden immer mehr zum globalen Epizentrum der Uhrenherstellung und der Nachfrage. Uhren von asiatischen Marken wie Curren, Shark, Megir, Weide etc. gewinnen immer mehr Ansehen, da sie günstige Preise und technische Raffinesse vereinen, und sehr zuverlässig sind. Darüber hinaus spezialisieren sie sich oftmals auf eine bestimmte Art von Zeitmesser, sodass durch den vollkommenen Fokus ein wahrer Schatz entsteht. „Asiatisch“ bzw. „chinesisch“ ist folglich nicht mehr gleichbedeutend mit „Ramsch“. Asien hat somit immer mehr Einfluss auf die Industrie und spielt eine wichtige Rolle bei der Produktion und Innovation. Hongkong belegt tatsächlich den ersten Platz weltweit für Schweizer Uhrenexporte, obwohl die Stadt nur 0,1 Prozent der Weltbevölkerung beherbergt und geographisch praktisch winzig ist. Dies zeigt, wie uhrenverrückt die Asiaten tatsächlich sind und wie stark die Schmuckstücke in ihrer Kultur verankert sind. Das enorme Gewicht Asiens für den globalen Uhrenmarkt lässt sich nicht mehr leugnen.

Das trägt man an asiatischen Handgelenken

Die Beliebtheit von Rolex und Patek Philippe zeigt, dass den Asiaten Eleganz und Status wichtig sind. Doch auch moderne Sportuhren sind bei ihnen keineswegs fehl am Platz, wie man an der Nachfrage nach TAG Heuer und Panerai sehen kann. Die italienischen Uhren von Panerai erfreuen sich in Asien sogar so großer Beliebtheit, wie sonst nirgends auf der Welt. Auch wenn das Fliegen wahrscheinlich nicht zu den liebsten Hobbies der meisten Asiaten zählt, so hat Breitling dort durchaus auch seine Fans. Kein Wunder, bedenkt man, dass die Asiaten schon immer ein Faible für innovative Entwicklungen hegen: Breitling baute den weltweit ersten Chronographen, bei dem der Drücker nicht mehr in der Krone integriert war. Damit konnte das Unternehmen allem Anschein nach stark punkten. Darüber hinaus geht es aber nicht nur um Marke und Modell, sondern auch um das Statement, das man mit seinem Zeitmesser ausdrücken möchte. Seit einigen Jahren ist der Partnerlook in Asien besonders angesagt. Dabei geht es darum, besondere Momente mit den Liebsten mithilfe einer bestimmten Uhr festzuhalten und die besondere Zeit so niemals zu vergessen. Egal ob die Hochzeit, die Geburt des ersten Kindes, oder der Schulabschluss des Sohnes oder der Tochter: Partner-Uhren dienen als persönliches Symbol für das zusammen Erlebte. Die beiden Uhren müssen jedoch nicht unbedingt identisch sein, es gibt durchaus Spielraum für die persönliche Entfaltung.

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Über den Autor

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Stefan Sebök

Während meiner Schulzeit habe ich im Lager eines Auktionshauses gearbeitet und bin damals erstmals in Berührung mit exklusiven, mechanischen Uhren gekommen. Die Faszination war ab diesem Moment geboren und hat mich bis heute nicht losgelassen. Für mich war also sehr früh klar, dass ich mehr zum Thema Geschichte und Preisentwicklung von Uhren lernen- und natürlich selbst irgendwann eine automatische Uhr besitzen möchte. (Mein absoluter, leider weit entfernter Traum war damals eine Rolex GMT Master mit der blau roten Pepsi Lünette). Während meines Studiums wagte ich dann erste Schritte mit dem Handel von gebrauchten Uhren über verschiedene Onlinemarktplätze und konnte mir dann auf diesem Wege eine gebrauchte Breitling Colt leisten.