Rolex Cosmograph Daytona - Auf den Spuren eines Klassikers

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Stefan Sebök, zuletzt aktualisiert am 19.09.2018

Rolex hat die Uhrenwelt über all die Jahre bereits mit einer beeindruckenden Zahl an Modellen beglückt – eines sticht dabei jedoch nach wie vor ganz besonders heraus: Die Cosmograph Daytona. Der Zeitmesser feierte sein Debut bereits im Jahr 1963 und wurde damals speziell auf die Bedürfnisse von professionellen Rennfahrern zugeschnitten. Das höchst zuverlässige Chronographenwerk und die Tachymeterlünette machen es möglich Durchschnittsgeschwindigkeiten von bis zu 400 Kilometern pro Stunde zu messen. Rolex legt seit jeher großen Wert auf Präzision und Verlässlichkeit. Eigenschaften, die auch in der Welt des Motorsports von großer Bedeutung sind. Diese Verbindung formte zu Beginn die Basis für die Cosmograph Daytona.  Mittlerweile ist das Modell eine der bekanntesten Uhren der Welt und ein kontinuierlich begehrtes Sammlerstück. Wer Rolex kennt, kennt die Daytona – doch wie kam es überhaupt zu diesem Hype?

Die richtige Strategie

Nach einem eher nüchternen Verkaufsstart stieg die Nachfrage nach der Daytona schließlich, als Hollywoodstar Paul Newman sich mit einer frühen Version der Uhr zeigte, die er von seiner Frau geschenkt bekam. Der erfolgreiche Schauspieler mit den tiefen blauen Augen war auch Rennfahrer – in den Gehäuseboden seines Exemplars waren deshalb die Worte „Drive Carefully“ eingraviert.

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In den 80er Jahren, als mechanische Uhren generell noch verhältnismäßig günstig waren, wurde das Uhrenmodell mit dieser glücklichen „Werbung“ zum Must-Have. Das sogenannte „Paul-Newman-Ziffernblatt“ dieser Version ist bekannt für die Minuterie mit Sekundeneinteilung am Ziffernblattrand, sowie die Kontrastfarbe von Ziffernblatt und den drei Totalisatoren. Sammler gaben dieser Uhr in den 80ern dann auch den Spitznamen „Paul Newman“ nach ihrem berühmten Träger. Daytonas dieser Art können auf Auktionen mittlerweile bis zu 100.000 Euro einbringen, es gibt jedoch mächtige Unterschiede zwischen den einzelnen Stücken. Die originale Newman-Uhr hat beispielsweise ein weißes Ziffernblatt mit schwarzen Totalisatoren und großen, gut lesbaren Ziffern im Art-Déco-Stil. Die zweite Variante hat kleinere, schlichtere Ziffern in den Hilfsziffernblättern und ist „nur“ zwischen 30.000 und 40.000 Euro wert. Die Preiskurve verlief bei solchen Modellen aber generell steil nach oben: Ende der 80er wurden Exemplare noch für ca. 3.000 bis 4.000 Euro versteigert. Der Wert hat sich also zwischendurch fast verzehnfacht. Das sind jedoch nur Peanuts im Vergleich zu der Summe, die die Daytona, die Paul Newman persönlich am Handgelenk trug, im Oktober 2017 bei der Versteigerung in New York einbrachte: Das Auktionshaus Phillips konnte für das Original mit der Referenz 6239 nach nur 12 Minuten einen Rekordpreis von 17.752.500 US-Dollar erzielen (ca. 15.228.095 Euro). Damit ist diese Rolex die teuerste Armbanduhr der Welt. Beim Kauf solch einer Daytona sollte man allerdings vorsichtig sein, denn gerade aus einem Standardmodell wird gern einmal eine „Paul Newman“. Experten meinen aktuell sogar es seien mehr gefälschte als tatsächliche Newman-Ziffernblätter im Umlauf. Außerdem sind auch komplette Uhren oft keine Originale, sondern lediglich aus verschiedenen Einzelteilen „zusammengebastelt“. Daher sollten speziell die Uhren nur bei bekannten Auktionshäusern und vertrauenswürdigen Händlern erworben werden. Zusätzlich wird eine Prüfung direkt beim Hersteller empfohlen.

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Der anhaltende Erfolg der Rolex Daytona hat jedoch noch einen weiteren Grund: Die Uhr entwickelte sich bereits damals dank einer geschickten Marketingstrategie zum Mythos. Zuerst wurden etwa 500 Stück jährlich produziert, von denen ein Teil oft zum langwierigen Ladenhüter wurde. Da andere Anbieter sich im Bereich der Chronographen schon längst auf dem Markt etabliert hatten, war es schwer für Rolex, dies nun ebenfalls zu tun. Doch das Unternehmen wusste genau, wie das Interesse am Modell maximal gesteigert werden konnte: Es brachte schon nach kurzer Zeit nicht einmal mehr annähernd die Anzahl Daytonas auf den Markt, die tatsächlich hätte verkauft werden können – und das aus purer Absicht. Die Nachfrage war so stets weit größer als das Angebot – damit war dem Zeitmesser weltweite Aufmerksamkeit sicher. Immer mehr Menschen wollten auch zu den wenigen glücklichen Auserwählten gehören und eines der heiß begehrten Exemplare besitzen. Von dieser künstlichen Verknappung kann man halten was man will – der Plan von Rolex damals ging auf und die Exklusivität machte die Daytona zu der Ikone, die sie heute ist. Dieser Aspekt ist aber natürlich nicht der einzige Grund für den anhaltenden Erfolg der Uhr. Auch das generell exzellente Image von Rolex ist nach wie vor ein bedeutender Faktor. Und dieses hat sich die Luxusmarke schließlich über all die Jahre hart erarbeitet – es sei ihr also gegönnt!

Zurück zu den Wurzeln

Bei der Einführung trug die Cosmograph Daytona noch keinen ihrer beiden Namen. Der erste der beiden war zwar schon seit 1953 für Rolex reserviert, auf dem Ziffernblatt der Referenz 6234 (Baujahr zwischen 1955 und 1961) stand jedoch einfach nur „Chronograph“. Heutzutage sind diese „Pre-Daytonas“ eine echte Goldgrube: 20.000 Euro sind hier lediglich der Einstiegspreis für eines der seltenen Modelle mit Edelstahlgehäuse und Ziffernblatt in silber oder schwarz.

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Später wurde die Uhr dann endlich auf den offiziellen Namen getauft. Und dieser kommt nicht von irgendwo her: Am Daytona Beach in Florida werden bereits 1903 Motorsportrennen ausgerichtet. Einer der bekanntesten Fahrer dort war Sir Malcom Campbell, der mit seinem ”Bluebird” während der 30er jährlich aufs Neue seine eigenen Weltrekorde schlug. Als britischer Rekordhalter bekam Campbell zu dieser Zeit ein hohes Maß an internationaler Aufmerksamkeit. Zur Begeisterung von Rolex trug der Rennsportstar regelmäßig eine Daytona am Handgelenk – sogar während der Rennen – und brachte der Marke so eine Menge positive Publicity.

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Die Rennstrecke verlief teils am Strand und teils auf der Uferstraße. Erst 1959 wurden die ersten Rennen dann komplett auf Asphalt ausgetragen. Der neue „Daytona International Speedway“ war zur damaligen Zeit der schnellste Kurs der USA und einer der allerersten „Superspeedways“ überhaupt. Drei Jahre später begann Rolex sich direkt in den Wettbewerb einzubringen und wurde zu dessen offiziellem Zeitnehmer. 1963 erschien dann der Cosmograph mit der Referenz 6239, welcher noch im selben Jahr den Beinamen „Daytona“ bekam, um die Verbindung zum Rennsport zu betonen. Ab diesem Zeitpunkt bekam der Erstplatzierte des Rennens nicht nur einen Pokal, sondern auch eine Rolex Cosmograph dazu. Zuerst wurde die Bezeichnung nur auf dem Ziffernblatt der Exemplare verewigt, die speziell für den amerikanischen Markt vorgesehen waren. Mit der Zeit wurde der Schriftzug jedoch für alle Exemplare übernommen und zwar bereits in der Art, wie wir ihn heute kennen: halbkreisförmig, in roten Lettern, über dem Totalisator bei sechs Uhr.

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1965 stellte Rolex auf verschraubte Drücker um, die die Daytona wie die Oyster-Modelle ideal abdichteten. Die bessere Wasserdichtigkeit wurde auch auf dem Ziffernblatt vermerkt und der „Cosmograph“-Schriftzug um „Oyster“ ergänzt. Die letzten Modellreihen mit Handaufzug wurden schließlich von 1971 bis 1988 hergestellt, eine Variante davon ist heutzutage besonders wertvoll: Das Auktionshaus Christie’s konnte 2013 knapp eine Million Schweizer Franken dafür ergattern – eine absolute Rekordsumme. Ab 1988 war die mechanische Uhr dann eigentlich nur noch ein Überbleibsel aus vergangenen Tagen, schließlich hatte die Quarztechnik längst Einzug gehalten. Auch Rolex entschied sich daraufhin diesen Zug zu verlassen und die Daytona als Automatikuhr weiter zu produzieren. Das Werk dafür war jedoch keine Eigenproduktion, sondern eine Schöpfung aus dem Hause Zenith: Rolex überarbeitete das bekannte El Primero Werk der Konkurrenz und nannte es „Kaliber 4030“. Daneben wurden auch die berühmten Ringe um die Totalisatoren eingeführt, die bis heute beibehalten wurden, und auch das Gehäuse der Daytona wurde von 36 Millimetern auf 40 Millimeter Durchmesser vergrößert. Mit der Zeit stieg die Nachfrage nach dem sportlichen Chronographen immer weiter an, Wartezeiten von bis zu drei Jahren waren keine Ausnahme mehr.

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Zur Jahrtausendwende präsentierte Rolex die Daytona dann erstmals mit hauseigenem Uhrwerk: Das bis heute verbaute Kaliber 4130 kommt mit über 44 Lagersteinen, einer Gangautonomie von 72 Stunden und den typischen Kif-Stoßsicherungen für Unruh und Ankerrad. Eine vertikale Kupplung ermöglicht nun außerdem das reibungslose Anlaufen des Stoppsekundenzeigers. Die Chronographenfunktionen werden, wie beim Vorgänger von Zenith, über ein Schaltrad gesteuert. Auch das Design hat sich mit dieser Entwicklung leicht verändert: Die mitlaufende Sekunde ist von der Neun zur Sechs gewandert, die Zeigeraugen des Minuten- und Stundenzählers sind etwas oberhalb der Mittelachse angesetzt. Zusätzlich zertifizierte Rolex die neuen Automatikmodelle als COSC-Chronometer und zeigte dies ebenfalls auf dem Ziffernblatt: Seit 2015 steht dort nicht mehr nur „Oyster Perpetual Cosmograph Daytona“, sondern auch „Superlative Chronometer Officially Certified“. Daneben gibt es einen neuen internen Präzisionsstandard: Die fertig montierte Uhr wird einer Reihe von strengen Rolex-Prüfungen unterzogen. Die Auflagen sind dabei angeblich mehr als doppelt so streng wie die der COSC. Zudem ist eine internationale Garantie von ganzen fünf Jahren damit verbunden.

The Next Generation

Zur Baselworld 2016 präsentierte Rolex zwei neue Edelstahl-Versionen des beliebten Klassikers: Die Oyster Perpetual Cosmograph Daytona gibt es mit weißem oder schwarzem Ziffernblatt, das Unternehmen setzt hier nach wie vor auf starken Kontrast für perfekte Lesbarkeit. Neu sind allerdings die schwarzen Totalisatorenkreise, sowie die schwarze Cerachrom-Monobloc-Lünette aus Keramik. Diese ist eine Hommage an die Daytona-Variante von 1965, deren schwarze Lünette allerdings aus Plexiglas war. Der Preis für die neuen Varianten liegt jeweils bei um die 11.300 Euro.

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2017 stellte Rolex die Daytona dann in Gelb-, Weiß- und Everose-Gold vor. Die typischen Charakteristika wurden dafür übernommen. Die aktuellen Startpreise für die Version mit Oysterflexband liegen ca. bei 25.000 Euro für Gelbgold, bei 26.150 Euro für Weißgold, und bei 26.150 Euro für Everose-gold. Für die Modelle mit Edelmetallbändern muss man nochmal mit 7.000 bis 8.000 Euro Aufschlag rechnen. Wer es noch luxuriöser und extravaganter mag, der sollte sich den Star der diesjährigen Baselworld mal genauer anschauen. Dort stellte Rolex diesmal ein extra edles Daytona-Modell mit Diamantziffernblatt vor. Das Gehäuse der roségoldenen Uhr ist mit 56 Diamanten besetzt, anstatt der Tachymeterskala zieren 36 Saphire in Regenbogenfarben die Lünette, die Stundenindizes wurden ebenfalls durch 11 Saphire ersetzt. Trotz der Edelsteine wurde an der Funktionalität aber natürlich nicht gespart: Die Uhr ist bis zu 100 Meter wasserdicht, Stunden- und Minutenzeiger tragen blaue Leuchtmasse und das Band kommt mit einer hochwertigen Oysterlock-Sicherhaltsfaltschließe. Dieses Schmuckstück beeindruckt sicher auch die anspruchsvollsten Rolex-Fans.

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Gerade nach den letzten Jahrzehnten muss man sagen, dass sich Rolex bezüglich der Cosmograph Daytona immer wieder etwas Neues einfallen lässt, um Fans und Sammler positiv zu überraschen – und dabei dem Kern des Klassikers trotzdem treu zu bleiben. Über ein halbes Jahrhundert lang sicher keine leichte Aufgabe. Doch die Schweizer haben es geschafft die Balance zwischen Innovation und Beständigkeit zu halten und ihre Anhänger nicht zu enttäuschen. Unter eingefleischten Rolex-Fans gibt es schon seit einiger Zeit sogar eine ganz eigene Fachsprache mit speziellen Begriffen und Redewendungen: Wenn beispielsweise von „Racing Dial“ gesprochen wird, ist damit ein Ziffernblatt des Modells in Weißgold gemeint. Die entsprechende Version wurde zwischen 2009 und 2016 produziert. Fällt der Begriff „Inverted Six“, ist von einer Blattvariante der Automatikmodelle die Rede. Im Stundentotalisator dieser war bis Mitte der 90er die Sechs zur Mitte hin ausgerichtet, also umgedreht. Doch wen wundert der Wirbel um diese Modellreihe noch? Die Daytona ist eben ein echtes Phänomen und Uhrgestein, das aus der Uhrenindustrie kaum mehr wegzudenken ist. Und so wird sie uns wohl noch lange Zeit als Musterexempel für beste Schweizer Uhrmacherkunst erhalten bleiben.

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Über den Autor

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Stefan Sebök

Während meiner Schulzeit habe ich im Lager eines Auktionshauses gearbeitet und bin damals erstmals in Berührung mit exklusiven, mechanischen Uhren gekommen. Die Faszination war ab diesem Moment geboren und hat mich bis heute nicht losgelassen. Für mich war also sehr früh klar, dass ich mehr zum Thema Geschichte und Preisentwicklung von Uhren lernen- und natürlich selbst irgendwann eine automatische Uhr besitzen möchte. (Mein absoluter, leider weit entfernter Traum war damals eine Rolex GMT Master mit der blau roten Pepsi Lünette). Während meines Studiums wagte ich dann erste Schritte mit dem Handel von gebrauchten Uhren über verschiedene Onlinemarktplätze und konnte mir dann auf diesem Wege eine gebrauchte Breitling Colt leisten.