Uhrenwerke: Das Herz jeder Uhr

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Philipp Mayrhofer, zuletzt aktualisiert am 23.09.2024

Das Herz, das im Inneren jeder Uhr schlägt und ihr Leben einhaucht, ist ihr Werk. Nicht umsonst konzentriert sich die Handwerkskunst der Uhrmacherei im Wesentlichen auf die Uhrwerke und deren Komponenten. Auch wenn die Entwicklung der ersten mechanischen Werke mittlerweile mehrere Jahrhunderte zurückliegt, ist das Kaliber, das die Uhr zum Laufen bringt, noch heute ihr wichtigster Baustein. Ein Baustein, dessen Qualität und Funktionalität vieles über die Kompetenz und Kunstfertigkeit des Herstellers verrät. In diesem Beitrag gehen wir auf verschiedene Uhrwerkstypen ein, erläutern geschichtliche Hintergründe und werfen einen Blick auf beliebte Luxusuhrwerke.

Das Wichtigste in Kürze

  • Typen von Uhrenwerken: Es gibt mechanische, Quarz- und Hybridwerke, die jeweils auf unterschiedlichen Funktionsweisen basieren und auf verschiedenen Gebieten Anwendung finden.

  • Marken und Innovationen: Bekannte Produzenten wie ETA und Seiko haben die Historie der Uhrmacherei maßgeblich geprägt. Dasselbe gilt für innovative Neuentwicklungen, beispielsweise den von Breguet entwickelten Tourbillon und die Co-Axial-Hemmungen von Omega.

  • Pflege und Wartung: Eine regelmäßige Wartung ist entscheidend für die Langlebigkeit und Genauigkeit von Uhrwerken.

Geschichte der Uhrenwerke

Die Historie mechanischer Uhrwerke reicht zurück ins frühe 19. Jahrhundert, genauer gesagt ins Jahr 1810. Zu dieser Zeit fertigte der französische Uhrmacher Abraham Louis Breguet die erste mechanische Armbanduhr an, weshalb er bis heute als Erfinder mechanischer Werke bewundert wird. Die erste mechanische Taschenuhr wurde jedoch bereits rund 300 Jahre früher entworfen. Das optisch gewöhnungsbedürftige Modell, das den Beinamen „Nürnberger Ei“ trug, arbeitete mit einem Aufzugsmechanismus aus der Ideenschmiede des deutschen Schlossers Peter Hehnlein.

Einer der bedeutendsten Hersteller von Uhrwerken in Deutschland war und ist die Firma Uhrenwerke Ruhla, auch als Gebrüder Thiel GmbH bekannt. Das Unternehmen, das sich ab 1891 der Uhrwerksproduktion widmete, wurde den Gebrüdern in der Nachkriegszeit entzogen und als Volkseigener Betrieb (VEB) Uhrenwerke Ruhla weitergeführt. Auf die Wende folgte der Abriss der Anlage, bei dem lediglich eines der Gebäude der Gebrüder Thiel GmbH verschont wurde. In diesem setzte sich die Produktion von Uhrwerken unter dem Namen „Gardé Uhren und Feinmechanik“ fort.

Der Konkurs von „Gardé Uhren und Feinmechanik“ im Jahr 2019 hätte das Ende der ursprünglichen Uhrenwerke Ruhla der Gebrüder Thiel bedeuten können. Doch es kam anders: Die Uhrenfirma POINTtec übernahm den Betrieb mit angrenzendem Uhrenmuseum, sodass auch heute - rund 130 Jahre nach der Gründung der Uhrenwerke Ruhla - noch hochwertige Kaliber für Uhren in Ruhla hergestellt werden. Mitunter entstehen in der hauseigenen Uhrenmontage gefragte Modelle der Marken Iron Annie, Zeppelin und Bauhaus.

Aufbau und Funktion eines Uhrwerks

Selbst unter eingefleischten Uhrenfans haben sich noch längst nicht alle mit der Funktionsweise eines mechanischen Uhrwerks befasst. Zeit, genau das nachzuholen! Diese vereinfacht beschriebenen Schritte, die im Uhrwerk vonstattengehen, führen dazu, dass die Uhr läuft:

Schritt 1: Betätigung des Aufzugs und spannen der Feder

Zunächst muss dem Mechanismus Energie zugeführt werden. Das geschieht über den Aufzug, der die im Federhaus sitzende Spiralfeder spannt. Das Prinzip basiert auf der Feder, die an einem Ende am Federhaus und am anderen Ende an einer Achse befestigt ist. Dreht man nun die Krone am Gehäuse der Uhr, so dreht sich auch die damit verbundene Achse, womit wiederum ein Spannen der Feder einhergeht.

Schritt 2: Drehen der Zahnräder

Ohne weitere Komponenten würde sich die Feder nach Abschluss des Aufziehens sofort schnell "entspiralisieren" und damit alle gespeicherte Energie im Nu wieder loswerden. Damit genau das nicht passiert, schließt an das Federhaus direkt ein Zahnrad - das Minutenrad - an. Es folgt das Kleinbodenrad, das sich gegenläufig dreht und ausschließlich der Übersetzung dient, welches wiederum ins Sekundenrad greift. Das Wechselrad, das den Stundenzeiger bewegt, ist untersetzt so platziert, dass es sich verglichen mit dem Minutenrad zwölffach langsamer bewegt.

Schritt 3: Zusammenspiel von Hemmung und Unruh

Die Hemmung ist der Teil des Werks, der das Ticken des Zeitmessers verursacht. Sie sorgt dafür, dass sich die Zeiger kontrolliert bewegen, und arbeitet hierfür mit der sogenannten Unruh zusammen. Die Unruh ist ein pendelndes Schwungrad, das die bremsende Hemmung mit jeder halben Schwingung unterbricht, wodurch sich der Sekundenzeiger zur nächsten Position bewegen kann.

Schritt 4: Gleichmäßige Bewegung der Zeiger

Aus der akribischen Anordnung und dem technisch komplexen Zusammenspiel der einzelnen Bauteile des Uhrwerks ergibt sich im Endeffekt die zuverlässig gleichmäßige Bewegung der Zeiger.

Die Produktion von Uhrwerken

Die Herstellung von Uhrwerken ist ein überaus aufwändiger und kleinschrittiger Prozess, der mit der Vorarbeit, die CNC-Maschinen leisten, beginnt. Diese übernehmen das Fräsen, Bohren und Aussägen der einzelnen Bauteile und legen damit den Grundstein für die weiterführenden Arbeitsschritte. Dann machen sich die Uhrmacher ans Werk. Sie beschäftigen sich zunächst mit der Finissage, also der Veredelung der Einzelteile, der gerade im Bereich der Luxuskaliber eine große Bedeutung beigemessen wird. In diesem Zuge werden zum Beispiel Oberflächen poliert, flache Komponenten perliert oder mit besonderen Schliffen verziert, Brückenkanten angliert oder Gravuren eingebracht, wobei verschiedenstes Werkzeug zum Einsatz kommt.

Die veredelten Elemente werden vom Uhrmacher in mühevoller Feinarbeit zu einem funktionierenden Uhrwerk zusammengesetzt. Dabei sind höchste Konzentration und Präzision gefragt. Nach abgeschlossener Fertigung findet die Prüfung der Ganggenauigkeit statt, an die sich bei Exemplaren, die ein Chronometerzertifikat erhalten sollen, die von der COSC durchgeführten Tests anschließen.

Typen von Uhrwerken

Ganz grundlegend unterscheiden wir zwischen mechanischen Uhrwerken und Quarzwerken. Die mechanischen Werke lassen sich wiederum in Handaufzugskaliber und Automatikwerke unterteilen. Uhren mit Handaufzug müssen - wie der Name nahelegt - über die Krone per Hand aufgezogen werden. Zwar gibt es eine Vielzahl von Sammlern, die den Handaufzug, der gerade bei Taschenuhren noch gerne eingesetzt wird, im Sinne der Tradition zu schätzen wissen, aus praktischer Sicht haben sich jedoch Automatikkaliber bewährt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Das Automatikwerk zieht sich durch die ausgeführten Armbewegungen automatisch auf, wenn die Uhr getragen wird. Uhren mit automatischem Uhrwerk müssen bei regelmäßigem Tragen also nicht manuell aufgezogen werden.

Genau wie beim Automatikwerk bedarf es auch beim Quarzwerk keines manuellen Aufziehens, denn solche Kaliber beziehen ihre Energie aus einer Batterie. Die Batterie bringt Energie auf einen integrierten Quarz, wodurch dieser in Schwingung gerät und die Zeiger bewegt. Kunden, die Quarzuhren bevorzugen, argumentieren häufig mit der Präzision der Werke, mit ihrer hohen Ganggenauigkeit und ihrer Langlebigkeit. Ein weiterer Vorteil: Quarzuhren sind äußerst pflegeleicht und aufgrund der deutlich einfacheren Konstruktion weniger anfällig für Schäden und Störungen. Trotzdem fällt die Wahl vieler Uhrenliebhaber zielgerichtet auf mechanische Uhren, zumeist gerade weil diese mit ihrer wesentlich komplexeren Technik als Ausdruck der hohen Uhrmacherkunst angesehen werden.

Und dann sind da natürlich noch die Hybridwerke. Diese sind zwar eher als Seltenheit zu bezeichnen, sollen aber nicht gänzlich unerwähnt bleiben. Beispiele für die besonderen Kaliber sind Kinetic-Werke, welche die aus den Bewegungen des Handgelenks des Uhrenträgers gewonnene Energie in einem Akku speichern, aber auch Solar-Quarzwerke.

Besondere Uhrwerke und ihre Hersteller

Geht es um die Konstruktion besonders komplexer, innovativer oder aber viel verbauter Uhrwerke, haben sich einige Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten besonders hervorgetan. Dazu gehört die Schweizer Manufaktur ETA SA, die seit 1793 in der Branche tätig ist und sowohl mechanische Produkte als auch Quarzwerke fertigt. Die Uhrmacher der Firma schufen unter anderem das Kaliber 940.111, ein ultradünnes Quarzwerk mit drei Zeigern, und das Kaliber 255.241 mit zwei Motoren. Mindestens genauso erfindungsreich haben sich die Experten von Seiko gezeigt. Aus der Schmiede des Uhrenkonzerns stammt zum Beispiel das Kaliber 8R48, das die Chronographenfunktion mittels Säulenrad und vertikaler Kupplung realisiert. Die vertikale Kupplung, die den Zeigersprung beim Starten und Stoppen verhindert, wurde 1969 erstmals von Seiko in einem Uhrwerk genutzt.

Als Inbegriff der japanischen Uhrmacherkunst darf auch Miyota an dieser Stelle nicht fehlen. Die beiden bekanntesten Modelle - die Kaliber Miyota 8215 und Miyota 9015 - verbinden Automatik- und Handaufzugsmechanismen miteinander und werden vor allem aufgrund ihrer immensen Präzision und des überdurchschnittlich guten Preis-Leistungs-Verhältnisses geschätzt. Zu nennen ist hier daneben das bereits vorgestellte Unternehmen Uhrenwerke Ruhla, das sich nach der Gründung durch die Brüder Georg und Christian Thiel von einer kleinen Metallwarenfabrik zu einer echten Marke mauserte, die bis heute großes Ansehen genießt und den Markt mit hochwertigsten Werken bereichert.

Zu den größten Innovationen der Uhrmacherkunst gehört sicherlich das Tourbillon, das der Öffentlichkeit 1805 von Breguet zugänglich gemacht wurde. Die Co-Axial-Hemmung entsprang hingegen dem Hause Omega. Bis heute gilt die Integration der Co-Axial-Hemmung in Armbanduhren als eine der größten Errungenschaften des Unternehmens. Stöbert man weiter durch die vielen grandiosen "ersten Male" der Entwicklung bis heute genutzter Komplikationen und Mechanismen in Uhrwerken, stellt man schnell fest, dass sich hier die großen Größen der Branche die Klinke in die Hand geben. So war es beispielsweise der Uhrenriese Rolex, der 1945 die erste Uhr mit Datumsfenster auf den Markt brachte.

Die Bedeutung von Uhrwerken für den Preis und die Qualität einer Uhr

Der Kostenpunkt, zu dem Uhren angeboten werden, hängt in vielen Fällen maßgeblich davon ab, welches Kaliber verbaut ist. Die Hochwertigkeit des Werks hat teils gravierende Auswirkungen auf die Preise und ist folglich in ihrem kostentechnischen Einfluss nicht zu unterschätzen. Klar ist: Auch günstige Werke leisten heutzutage oft zuverlässig gute Arbeit. Möchte man jedoch keinerlei Abstriche in Sachen Ganggenauigkeit und Präzision machen, erwartet eine hohe Lebensdauer von einem Produkt und begeistert sich für technische Meisterleistungen und komplexe Mechanismen, werden Uhren mit günstigen Werken diesen Ansprüchen nicht gerecht. Dann lohnt sich die Investition in einen Zeitmesser mit hochwertigem Manufakturkaliber.

Pflege und Wartung von Uhrwerken

Gerade mechanische Kaliber sollten regelmäßig gewartet werden, damit sie möglichst lange zuverlässig laufen. Die Wartung ist somit ein wichtiger Teil der Uhrenpflege und sollte in einem festen Rhythmus - typischerweise zwischen 2 und 5 Jahren - von einem Fachmann vorgenommen werden. Wer regelmäßige Wartungsrhythmen einhält, reduziert das Risiko dafür, eigentlich leicht zu behebende Schäden und Störungen zu übersehen, die dann wiederum teure Folgeschäden verursachen können.

Im Rahmen der Wartung begutachtet der Uhrmacher den Zeitmesser äußerlich, sieht sich aber auch das Uhrwerk ganz genau an. Bei einer "großen Revision" wird das Kaliber demontiert - also in seine Einzelteile zerlegt - gereinigt und wieder zusammengesetzt. Fallen hier Beschädigungen an einzelnen Komponenten auf, können diese oft aufwandsarm ersetzt werden. Abschließend findet eine Kontrolle der Funktionsfähigkeit und Ganggenauigkeit statt.

Die Kosten für die Wartung variieren von Anbieter zu Anbieter und richten sich auch danach, welche Arbeiten im Einzelfall durchgeführt werden müssen und um welches Kaliber es sich handelt. Denn: Nicht jeder Uhrmacher verfügt über ausreichend Know How, um sich den hochkomplexen Ikonen unter den Kalibern zu widmen. Die Wartung einfacher mechanischer Uhren ohne Notwendigkeit einer Reparatur beginnt preislich bei etwa 40 €, nach oben hin sind die Grenzen offen.

Luxusuhrenwerke

Um diesen Beitrag abzurunden, möchten wir nachfolgend kurz und knapp einige besonders bekannte und beliebte Luxusuhrenwerke der großen Marken vorstellen:

  • Rolex: Das Unternehmen ist bekannt für das robuste und äußerst präzise Kaliber 3135, ein Automatikwerk mit hoher Zuverlässigkeit.

  • Omega: Als Pionier des Co-Axial-Hemmungssystems, welches die Reibung im Werksmechanismus minimiert und die Lebensdauer von Uhren erhöht, hat sich Omega einen festen Platz unter den innovativsten Uhrenhäusern gesichert.

  • Patek Philippe: Das Unternehmen ist berühmt für seine hoch komplizierten Kaliber, wie das Kaliber 240 Q, das zahlreiche Komplikationen (ewiger Kalender, Wochentag, Datum, Monat, Schaltjahrzyklus und 24-Stunden-Anzeige) in sich vereint.

  • Audemars Piguet: Uhren von Audemars Piguet sind unter anderem aufgrund der ultradünnen Werke (z.B. das Kaliber 2121, das in der Royal Oak Kollektion Verwendung findet) begehrt.

Fazit

Egal ob Quarzwerk oder mechanisches Automatikkaliber: Das Werk, das im Inneren einer Uhr arbeitet, ist stets das Herzstück des Zeitmessers und bestimmt dessen Wert und Qualität zu einem großen Teil mit. Kein Wunder also, dass die Funktionsweise, der Aufbau und die komplexen Gestaltungsmöglichkeiten von Uhrwerken Uhrenliebhaber auf der ganzen Welt über alle Maßen begeistern. Gerade Uhrensammler, die in kostspielige Produkte mit teuren Kalibern investieren, sollten die Uhren regelmäßig zur Wartung bringen und sich hierfür an einen fachkundigen Experten mit dem nötigen Know How wenden. Denn Luxusuhrwerke sind in aller Regel äußerst komplex - ein Umstand, der die Faszination, die sie in uns auslösen, erklärt. 


Über den Autor

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Philipp Mayrhofer

Hallo, mein Name ist Philipp. Meine ersten Berührungspunkte mit Luxusuhren hatte ich tatsächlich durch YouTube und die vielen Uhrenreviews, die es dort zu sehen gibt. Hierdurch konnte ich mir bereits ein umfangreiches Uhrenwissen aneignen.