Die Uhrmacherstadt Glashütte

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Stefan Sebök, zuletzt aktualisiert am 30.03.2022

Liest oder hört man von Glashütte, dann verbinden die meisten Menschen damit eine wunderschöne Kleinstadt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in Sachsen. Kenner bringen „Glashütte“ allerdings sofort mit weltbekannten Uhrenmanufakturen in Verbindung, die ihren Ursprung in eben jener sächsischen Kleinstadt haben. Im Folgenden wollen wir uns der Geschichte der Kleinstadt Glashütte und ihre heutige Bedeutung für die Uhrenindustrie widmen.

Ausflug in die Geschichte

Die Ursprünge der heutigen Stadt Glashütte gehen bis in das 15. Jahrhundert zurück. Das erste Mal urkundlich erwähnt wurde „Glaßehutte“ im Jahre 1445. Dabei war der Name „Glashütte“ wörtlich zu verstehen: Die Gegend war reich an Eisen und somit lag es nahe, hier Pottasche-Glas herzustellen. Ende des 15. Jahrhunderts fand man bei Glashütte Silbererz.

Ein starker wirtschaftlicher Aufschwung war die Folge. In den folgenden Jahrhunderten verlor der Bergbau jedoch immer mehr an Bedeutung und wurde 1875 endgültig eingestellt. Während der Bergbau seinen Niedergang fand, wuchs jedoch eine ganz neue, ebenso bedeutende Industrie heran.

Sachsen und die Uhrenindustrie

Im 19. Jahrhundert war Sachsen so etwas wie die Uhrmacher-Hochburg Deutschlands, wobei der Schwerpunkt klar in der Kleinstadt Glashütte lag. Neben bekannten Namen wie Union Glashütte, Mühle-Glashütte und Lang & Heyne brachte die Stadt auch die bekannteren Marken A. Lange & Söhne und Glashütte Original hervor.

Ihren Ursprung hatte die Uhrenindustrie in Ferdinand Adolph Lange, einem deutschen Uhrmacher, Erfinder, Unternehmer und Regionalpolitiker. Anfang der 1840er Jahre befand Lange sich auf einer Reise durch Europa. Unter anderem besuchte er dabei auch das Schweizer „Vallée de Joux“, das „Tal der Uhrmacher“. Lange war sofort von dem Schweizer Konzept fasziniert: Die Schweizer Uhrmacher erhielten die Bauteile für ihre Uhren von spezialisierten Fremdfirmen und bauten diese im Anschluss zu einer vollständigen Uhr zusammen. Der Verleger verkaufte dann das fertige Endprodukt.

Übertragung des Schweizer Konzepts

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Nach seiner Rückkehr in die Heimat wollte Lange das erfolgreiche Schweizer Konzept unbedingt auf die Heimat übertragen. Er sah, motiviert durch eine Anschubfinanzierung der sächsischen Regierung, Glashütte als idealen Standort für eine gesunde Uhrenindustrie. Lange gründete daraufhin 1845 die erste Uhrmacherei in Glashütte und begann mit der Ausbildung der ersten Uhrmacher.

Letztere machten sich im Nachgang selbstständig und konzentrierten sich auf die Fertigung der für den Zusammenbau einer Uhr benötigten Einzelteile. Diese wurden an Langes Unternehmen geliefert und zusammengesetzt. Viele weitere Unternehmer folgten in den darauffolgenden Jahren Langes Beispiel. Es dauerte nicht lange, da war die Uhrmacherei einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Region.

Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen

Rund 100 Jahre nach der Gründung der ersten Uhrmacherei in Glashütte ereilte die Stadt ein schwerer Schicksalsschlag: Am 8. Mai 1945, dem letzten Tag des Zweiten Weltkriegs, bombardierte die russische Luftwaffe die Kleinstadt Glashütte. Letztere wurde teilweise zerstört. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Stadt aufgeteilt: Eine Hälfte entfiel auf den russischen Sektor und damit auf die spätere DDR, die andere Hälfte auf den Sektor der Alliierten und damit auf das spätere Westdeutschland.

Die Unternehmen im russischen Sektor wurden enteignet und die ansässigen Uhrenhersteller in der VEB Glashütter Uhrenbetriebe zusammengeschlossen. Das neue Unternehmen nannte sich kurz GUB, wobei die Produkte selbst aber unter dem Markennamen „Glashütte“ vertrieben wurden. Diesen nutzt das Unternehmen Glashütte Original auch heute noch. Die Marke GUB war international gefragt und verkaufte Armbanduhren beziehungsweise Quarzuhren mit sehr großem Erfolg.

Der Fall der Mauer

Ein weiteres einschneidendes Erlebnis für die gesamte Region war der Fall der Mauer. Die DDR war im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte und mit ihrem Untergang wurden viele Staatsunternehmen privatisiert. Im Rahmen dieser Privatisierung wurde auch die GUB überführt und nannte sich fortan Glashütter Uhrenbetriebe GmbH. Das Unternehmen vertrieb die hauseigenen Uhren nun unter der Marke „Glashütte Original“. Angeschlagen durch die sogenannte Quarzkrise, wurde das Unternehmen jedoch im Jahre 2000 von der Swatch Group aufgekauft.

Marken und die dazugehörigen Rechte, wie zum Beispiel A. Lange & Söhne, wurden von ihren ehemaligen Besitzern zurückgekauft und Herstellung und Vertrieb mit rechtlich anderen Unternehmen fortgeführt. Im Rahmen der Privatisierung nahmen neben A. Lange & Söhne auch viele weitere Marken ordentlich Fahrt auf.

Glashütte und seine Uhrenbetriebe heute

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Heute handelt es sich bei diesen „Durchstartern“ um echte Schwergewichte auf dem Markt hochwertiger Markenuhren. Unter anderem gilt dies für die Unternehmen A. Lange & Söhne, Glasütte Original, Union Glashütte, Nomos Glashütte, Bruno Söhne, Tutima und Moritz Großmann.

Markenuhren, die aus Glashütte stammen und obendrein mit einem echten Manufakturwerk ausgestattet sind, sind nach wie vor sehr begehrt. Sie zeichnen sich durch einen besonders hohen Qualitätsstandard aus und glänzen durch ästhetische und konstruktive Besonderheiten.

Warum sind Uhren aus Glashütte so besonders?

Uhren aus Glashütte zeichnen sich durch einige Besonderheiten aus, die so bei anderen Uhrmachern beziehungsweise Uhrenherstellern nicht zu finden sind. Uhren aus dem Hause Glashütte Original sind zum Beispiel mit gebläuten Schrauben, anglierten Kanten und handgravierten Verzierungen versehen.

Eine weitere von vielen Uhrenliebhabern geschätzte Besonderheit ist die sogenannte Schwanenhals-Feinregulierung. Diese sorgt für eine feiner regulierte Unruh und erhöht zugleich die Ganggenauigkeit der Uhr. Ebenfalls erwähnenswert ist die sogenannte Dreiviertelplatine: Diese Konstruktion geht noch auf Adolph Lange zurück und ist bis heute eines der Markenzeichen vieler Uhren aus Glashütte.

Lohnt sich der Kauf einer Uhr aus Glashütte?

Der Kauf einer Uhr aus Glashütte lohnt sich in jedem Fall. Die Uhren glänzen durch eine sehr hohe Qualität und erstklassige Uhrmacherkunst. Sie erreichen aber selten die Preissphären, die für Exemplare der Luxusmarken Paiget, Rolex, Cartier und dergleichen verlangt werden. Aus diesem Grund handelt es sich um eine hochwertige Alternative zu vielen anderen Uhrenmarken aus dem gehobenen Preissegment.

Ähnlich wie bei anderen Luxusmarken kann der Erwerb einer Uhr aus Glashütte als Wertanlage erfolgen. Die Uhren der ansässigen Unternehmen beziehungsweise Marken sind international sehr begehrt und steigen seit Jahrzehnten kontinuierlich im Wert. Sehr beliebt sind zum Beispiel Armbanduhren aus dem Hause A. Lange & Söhne, Glashütte Original oder Nomos Glashütte.

Fazit

Wenn die Geschichte der Kleinstadt Glashütte doch auch durch Höhen und Tiefen gezeichnet war, am Ende hat es das Schicksal gut mit ihr gemeint. Uhren aus Glashütte genießen weltweit ein ausgezeichnetes Renommee – und das wird sich so schnell auch nicht ändern. Wer aktuell über den Kauf einer neuen Armbanduhr nachdenkt, das sollte über eine Marke aus dem Herzen der deutschen Uhrenindustrie nachdenken. Es handelt sich um eine gute und nachhaltige Investition.

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Über den Autor

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Stefan Sebök

Während meiner Schulzeit habe ich im Lager eines Auktionshauses gearbeitet und bin damals erstmals in Berührung mit exklusiven, mechanischen Uhren gekommen. Die Faszination war ab diesem Moment geboren und hat mich bis heute nicht losgelassen. Für mich war also sehr früh klar, dass ich mehr zum Thema Geschichte und Preisentwicklung von Uhren lernen- und natürlich selbst irgendwann eine automatische Uhr besitzen möchte. (Mein absoluter, leider weit entfernter Traum war damals eine Rolex GMT Master mit der blau roten Pepsi Lünette). Während meines Studiums wagte ich dann erste Schritte mit dem Handel von gebrauchten Uhren über verschiedene Onlinemarktplätze und konnte mir dann auf diesem Wege eine gebrauchte Breitling Colt leisten.